Gut in Form
Veröffentlicht am 18. Februar 2010
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Kaum angekommen, war er auch schon wieder weg. Als Bernard Charles Ecclestone, der große kleine Mann der Formel 1, die erste deutsche Präsentation der Modelinie „Form“ seiner jüngsten Tochter Petra besuchte, blieb er ungefähr so lange, wie einer seiner Fahrer für zehn Runden auf dem Nürburgring braucht. Er schüttelte ein paar Hände, wechselte ein paar Worte und verschwand dann wieder mit seinen beiden Töchtern – die andere, vier Jahre älter als Petra, heißt Tamara. Eine Stippvisite, der Form halber. Und kein Skandal wie im Juli vergangenen Jahres, als die Präsentation abgesagt wurde, weil „Bernie“ im Gespräch mit der „Times“ Hitlers Führungsstil gelobt hatte.
Petra Ecclestone hat mir ihren 21 Jahren alles, was sich junge Frauen wünschen könnten: modische Overknee-Stiefel zum kurzen Kleid, eine lange blonde Mähne, ein eigenes Haus, vier Hunde, noch mehr Bedienstete, einen Freund und einen Milliardärs-Papa, zu dem sie ebenso aufschaut wie herabblickt. Sie kommt, auch der Größe nach, eher nach der Mutter, dem ehemaligen Model Slavica, das nach 24 Jahren Ehe nun von „Bernie“ geschieden ist. Slavica sei ihr Vorbild, sagt Petra. Aber niemals werde sie wie ihre Mutter jahrelang zu Hause bleiben und sich um den Haushalt kümmern. Deshalb tourt sie nun um die Welt, um ihre Modelinie bekanntzumachen.
Nach dem College arbeitete sie eine Zeitlang als Model – unter anderen lief sie für Alberta Ferretti und Julien Macdonald über den Laufsteg. Sie sei immer schon modeinteressiert gewesen, habe aber als Kind lieber mit Autos gespielt. Im Laufe der Jahre ist aus Ken dann doch noch eine Barbie geworden. Ihre Droge heißt, nach eigener Aussage, „shopping“. Außerdem reist sie gern um die Welt. Das Reisen inspiriere sie zu ihren Entwürfen. Aber wie? Keine Erlebnisberichte, kein wildes Assoziieren, wie man es von anderen Designern kennt. Ihr PR-Berater sagt im Rhythmus von Nürburgring-Runden an, wie lange das Interview noch laufen darf. In der letzten Runde antwortet Petra auf die Frage nach „Form“ der Einfachheit halber mit der Formulierung aus dem Pressetext: Ihre Marke schlage „eine Brücke zwischen Casual wear und formeller Kleidung.“
Petra Ecclestone verwendet viel Kaschmir und Seide. Damit auch die Schnitte stimmen, hilft ihr Edward Sexton, einer der besten Schneider aus der Savile Row, der seit 30 Jahren die Anzüge ihres Vaters anfertigt, der schon John Lennon und Paul McCartney ausstattete und der Stella McCartney zum Durchbruch verhalf. Der Name „Form“ passt zu den klaren Linien der hochwertig verarbeiteten Kollektion. Die Farben beschränken sich auf Schwarz, Blau, Braun, Beige, Grau, Weiß. Auf Muster wird ganz, auf Knöpfe weitgehend verzichtet. Die Reißverschlüsse sind gut versteckt. Schön sind die großen Kragen und die weich fallenden Oversize-Wolljacken, die auch älteren Herren stehen. Oder die dezenten Kreuznähte am Revers eines Anzugs. Zur klassisch-sportlichen „Lounge Wear“ mit einigen eleganten und anderen etwas cooleren Teilen zählen die Lederjacken aus sehr weichem Leder, die an Fliegerjacken und Rennfahreranzüge erinnern. Der Name „Form“ ist insofern doppeldeutig: Er spielt auf die Passform an und auf die Formel 1.
Bei solchen Qualitäten ist es kein Wunder, dass Luxusboutiquen begeistert ordern. Petra Ecclestone, so heißt es, verkauft sich nicht nur wegen des Namens, der natürlich schon deshalb hilft, weil die Models der Designerin Timo Glock, Nick Heidfeld und Sebastian Vettel heißen, die ihrem Vater gern mal einen Gefallen tun. Ihr Name helfe ihr sehr, sagt sie. „Aber einige Türen sind dadurch auch verschlossen, denn viele Leute nehmen mich natürlich nicht ernst.“ Da geht es ihr nicht anders als jedem „celebrity designer“, Jennifer Lopez zum Beispiel, die mit ihrer Modelinie nicht sehr erfolgreich war.
Für die Einzelhändler, die sie auf den jetzt beginnenden Modewochen in New York, London und Mailand umwirbt, hat Petra Ecclestone noch ein paar Vorteile. Sie will bald auch eine Damenkollektion herausbringen, hat also ein breites Angebot. Und sie unterbietet Topmarken wie Balmain oder Alexander Wang im Preis. Nicht zuletzt liefert sie die Ware pünktlich, anders als so mancher italienische Designer. Und anders als viele Newcomer, die sich verspäten, wenn ihnen plötzlich das Geld ausgeht. Das kann ihr natürlich nicht passieren.